schreibstube

Das Poly-Blog von Helly & Jay

[Donnerstag, 18. September 2008]

Bei Vertrauen in der Liebe gibt es zwei prinzipielle Arten von Nonsens: Das „Wieder-vertrauen-lernen-müssen-nach-einer-großen-Enttäuschung“, wenn die Beziehung an einem Vertrauensbruch scheiterte, oder, wenn die Beziehung weiterhin besteht, die irrationale Neuinvestition von Vertrauen in genau die Dinge, die der Partner niemals sinnvoll versprechen kann. Im zweiten Fall stellt sich die Frage: wie kommt das zustande? Immerhin handelt es sich hier um Vertrauen, das in den Bezugsfeldern unabwägbarer Hormonzustände auf der einen und Laufzeiten von „für immer“ auf der anderen früher oder später enttäuscht werden muß und bereits wurde — oft sogar mehrfach, nicht selten periodisch permanent.

Interessant in diesem Zusammenhang ist die letzten Mai veröffentlichte  Studie von Baumgartner et al. (ein etwas ausführlicherer Abriß findet sich  hier) über die Rolle von Oxytocin bei der Vertrauensbildung — also genau jenes Peptidhormon, das bei Partnerschaften eine entscheidende Rolle spielt für die  Langzeitbindung. Im „Versuchsspiel“ sank die Vertrauensbereitschaft bei erhöhtem Oxytocin-Level signfikant weniger oder gar nicht ab nach Vertrauensbrüchen, und auch wenn es sich dabei um immer „neue“ Spielpartner handelte, zu denen Vertrauen gefaßt wurde, würde ich vermuten, daß Oxytocin in Langzeitbeziehungen daran beteiligt ist, die Beteiligten immer wieder zu irrationalem, und in der Regel aus multiplen Gründen deplazierten, Vertrauen zu verleiten.